Der nachfolgende Beitrag wurde zuerst auf der Internetseite www.advent-online.de veröffentlicht:
Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen. Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.
Lukas, 1,46-56
Was mich am Lobpreis Mariens immer wieder fasziniert, ist der Nachsatz, der oft genug irgendwie weggelassen wird. Im einen Moment noch Lobpreis und dann, ganz pragmatisch, folgt eine Information: Maria bleibt ganze drei Monate und dann geht sie wieder nach Hause.
Ich denke mir, sie bleibt bei ihrer Cousine, hilft der Schwangeren und als die Hilfe nicht mehr benötigt wird, geht sie zurück. Gebet und Arbeit! Nicht getrennt, sondern im Alltag.
Da muss ich an eine Begegnung vor wenigen Tagen auf dem Freiburger Münstermarkt denken. Vor mir mit dem Fahrrad und einem Fahrradhelm über dem Schwesternschleier steht die Leiterin des Hospizes in Freiburg. Sie strahlt mich an, voll beladen mit Gemüse, Blumen und was weiß ich. Inmitten der Hektik des Morgens steht sie da und erzählt mir, dass sie jetzt ins Hospiz fährt, voller Freude, und sie nur noch schnell einkaufen wollte, damit auch die Sterbenden dort an Blumen und Dekoration erfahren: Es ist Advent!
In diesem kurzen Gespräch, in dem es um die Menschen geht, die sterben werden, wo es um ihre Arbeit geht, umgeben von Trauer, Angst, Tränen und Abschied – bin ich einfach fasziniert von ihrer positiven Grundhaltung. Sie steigt auf ihr Rad und ist weg – ich bleib im Trudel stehen und bin schlicht weg neu überwältigt.
Schwester Miriana und ihr Team im Hospiz in Freiburg stehen für mich für die vielen großartigen Menschen, die einfach da sind, in den Momenten in denen es ums Sterben geht. Das ist für manche eventuell nicht das schönste Thema, zwei Tage vor Heilig Abend, aber es ist die Wirklichkeit.
Leid und Schmerz, gerade angesichts von Krankheiten, die zum Tode führen, erscheinen allzu oft sinnlos. Glaube und Fürsorge ändern daran erstmal nichts. Ich denke, jede palliative Begleitung bietet aber einen Raum, indem das Leben selbst einen Sinn und eine Würde behalten kann, gerade angesichts von Leid. Und damit wäre mein Wärmemoment für heute das Wissen, dass es jetzt und heute, während viele von uns, ich sicherlich auch, weniger in der Adventszeit als in einem Vorweihnachtsstress unterwegs sind, eine Umgebung gibt, in der Menschen in der Erfahrung von Fürsorge, menschenwürdig sterben können.
In diesem Sinne: Ihnen einen guten Tag und vielen Dank den vielen Menschen, die in den Hospizen in unserem Land arbeiten, auch heute und auch am Heiligen Abend.