Heute (28.02.17) – hatten wir am Vormittag die Besichtigung des Ölbergs mit den verschiedenen Stationen Jesu an diesem Ort im Programm. Dazu kam noch eine Eucharistiefeier auf dem Berg. Am Nachmittag besuchten wir den Zionsberg, genauer die Dormition zu einem Gespräch mit Pater Nikodemus Schnabel. Der Abend stand im Zeichen des Judentum. Hier führten wir ein Gespräch mit der Konvertitin Tamar Avraham zum Thema Judentum und politische Lage in der Region.
Der Ölberg:
Dieser Berg ist entscheidend in der Geschichte des Jesus von Nazareth. Immer wieder taucht dieser Berg auf und auch das zwischen ihm und Jerusalem liegende Kidrontal. Über diesen Berg, durch dieses Tal werden nach jüdischem Glauben einiges Tage, am Tage des Heils die Auferstandenen in die Stadt einziehen. Deshalb ist diese Landschaft entscheidend wichtig für das Judentum und auch für das Christentum. Deshalb finden sich hier auch die wohl teuersten Grabstellen (davon ehr viele), denn die hier begrabenen sind eben die ersten die auferstehen.
Diese Verbindung zwischen Landschaft, Auferstehung und dem Messias spiegelt sich eben auch in den biblischen Geschichten um Jesu wieder.
Durch das Löwentor hinaustretend kann man direkt auf den Ölberg zusteuern, bzw. genauer gesagt in das Kidrontal hinabsteigen. Dort in der Senke, zwischen den vielen Gräbern und der neuen Straße findet sich ein kleines Kirchlein, eigentlich genauer eine Krypta mit einem Überbau. Dort steigt man also in diese Krypta hinab und taucht in ein kirchliches Halbdunkel ein, das spärlich beleuchtet wird von kleinen silbernen und goldenen Leuchtern und von Weihrauchschwaben durchzogen ist. Wer hinabsteigt in die Krypta wird hier eine Grablege finden, die an das Grab Mariens erinnert. Hier soll die Gottesmutter einige Tage, bis zu ihrer Himmelfahrt gelegen haben. Ebenfalls werden an diesem Ort die Gräber von Anna, Joachim und Josef verortet. Dieser Ort wird insbesondere von orthodoxen Christen verehrt. Katholische – oder wie wir im Heiligen Land heißen – Lateiner verehren Mariens Grab eher in Ephesus in der heutigen Türkei.
Aber egal was hier wirklich zu finden ist. Hier findet sich auf alle Fälle eine Krypta die bis auf das vierte Jahrhundert zurückgeht und somit seit 1600 Jahren ein Ort des Gebetes und der Eucharistie ist. Und dies ist hier zu spüren. Die Liturgie, die wir hier erleben ist fremd, unverständlich nicht nur aufgrund der Sprache sondern auch aufgrund der Riten, der Handlungen etc. Trotzdem ist es hier ungemein ansprechend. Ich habe mich wohl gefühlt.
Direkt neben der Kirche mit dem Mariengrab findet sich eine kleine zur Kapelle ausgebaute Grotte. Hier gedenken wir Lateiner der Verhaftung Jesu, die hier stattgefunden haben soll: „Während er noch redete, kam eine Schar Männer; Judas, einer der Zwölf, ging ihnen voran. Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sagte zu ihm: Judas, mit einem Kuss verrätst du den Menschensohn? Als seine Begleiter merkten, was (ihm) drohte, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Jesus aber sagte: Hört auf damit! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann. Zu den Hohenpriestern aber, den Hauptleuten der Tempelwache und den Ältesten, die vor ihm standen, sagte Jesus: Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen. Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und ihr habt nicht gewagt, gegen mich vorzugehen. Aber das ist eure Stunde, jetzt hat die Finsternis die Macht.“ (Lk 22,47 ff.).
Die kleine Kapelle ist schlicht und bietet allein die Stille, die es braucht. Kein großes Bildprogramm nur die Schlichtheit des Steins und die Gewissheit, dass der Ort, der Ölberg, jener Ort ist an dem sich all das, was wir von den letzten Stunden wissen, abspielte.
Von hier gingen wir weiter zum Garten Getsemani. Hier findet sich heute ein Ölbaumgarten und die anschließende Kirche: „Kirche der Nationen“. Der Name der Kirche rührt daher, dass mehrere Staaten mit finanziellen Mitteln geholfen haben diese Kirche im Jahr 1924 neu zu errichten. Vom Vorgängerbau finden sich noch einzelne Reste. Die Kirche erinnert an die Gebete Jesu vor der Verhaftung. Dabei bleibt mir stehts die Situation in Erinnerung, dass die Jünger einschlafen und damit Jesu alleine lassen (vgl. Lk 22,39 ff). Die Kirche selber ist ein recht moderner Bau. Die Mosaike, die Gestaltung und ganz besonders das durch die Fenster geförderte Licht in Lila-Tönen schafft aber eine Aura, die zum Gebet einlädt. Auch ist es hier, abgesehen vom Lärm von der Straße, eher ruhig und so kann ich, mit geschlossenen Augen und in Erinnerung an die Ölbäume vor der Kirche mich in das Umfeld hineindenken und so mir diesen Ort spirituell zu Eigen machen, diesen Ort erfahrbar werden lassen. Was heute ungemein angenehm ist, ist die Zeit die wir haben an all diesen Orten. Wir finden Zeit und Ruhe in ein Gebet zu gehen und mit Worten die wir aus der Bibel kennen mit Jesus zu beten.
Nach dieser spirituellen Pause ging es steil den Berg hinauf. Nächste Station war die kleine Kirche Dominus flevit: „Und als er nahe hinzukam, sah er die Stadt und weinte über sie und sprach: Wenn doch auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient! Aber nun ist’s vor deinen Augen verborgen. Denn es wird eine Zeit über dich kommen, da werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten bedrängen und werden dich dem Erdboden gleichmachen samt deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in dir, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du heimgesucht worden bist.“ (Lk 19,41-44)
Von dieser Kirche kennen viele ein fast dogmatisches Bild. Die kleine Kirche, in Tränenform erbaut, hat kein Altarbild sondern ein Fenster das den Blick auf den Felsendom und (entscheidend) auf die Grabeskirche frei gibt. Dieses Fenster ist recht bekannt und findet sich auf vielen Bildern und in vielen Büchern.
Hier feierten wir in alle Ruhe und in tiefer Freude die Tagesliturgie. Eucharistie feiern und dazu den direkten Blick auf den Leidensort und auf den Auferstehungsort zu haben, das ist einmalig. Es gibt kaum Orte an denen die Eucharistie so voll und ganz menschlich erlebbar und sichtbar wird, wie hier. Es war sehr schön hier, leider muss man sich sehr bemühen, den Lärm der nervenden Touristen wegzudenken. Aber es geht ganz gut. Die Schönheit des Ausblickes, verbunden mit der Ästhetik unserer Liturgie bietet ein Eintauchen.
Es ist aber wirklich traurig, oder wenn wir es hoffnungsvoller sagen wollen prägend, wenn man hier erlebt wie Pilger mit einem heiligen Ort bzw. mit einem heiligen Ort an dem auch noch Eucharistie gefeiert wird umgehen. Es interessiert wirklich viele ganz und gar nicht was hier passiert. Das Fenster bietet ein gutes Bild und dazu hat jeder Pilger/Tourist wohl ein Recht darauf. Es dürfte wohl wieder eine Aufgabe sein, eine Sensibilität zu fördern gegenüber der Liturgie und ganz besonders gegenüber betende Menschen. Das merkt man an allen Orten im Heiligen Land. Es ist oft ganz egal wer und ob hier wer betet; es muss wieder jeder mehr darauf achten, dass eben in Kirchen und an verschiedenen Orten gebetet wird. Gebet hat absolut Vorrang gegenüber Touristen und Pilger.
Der letzte Wegabschnitt in Richtung Bergspitze zieht sich durch weitere jüdische Grabfelder. Nahezu ganz oben gibt es eine weitere Kirche, die wir heute besuchen. Bekannt ist diese Kirche, die auf einen Vorgängerbau aus dem vierten Jahrhundert zurückgeht für die Verortung des Vaterunser. Hier soll Jesu seinen Jüngern das Gebet an den Vater beigebracht haben. In Erinnerung daran findet sich hier in 140 Sprachen der Text des Vaterunser.
Hinter der Kirche, an die auch ein Karmeliterkloster angeschlossen ist, befindet sich eine schöne Gartenanlage. Zwischen Kieswegen und Olivenbäumen bietet sich hier nochmal ein weiterer schöner Blick auf die Altstadt von Jerusalem. Hier lässt es sich ebenfalls ein wenig träumen und den Ereignissen jener Tage vor zweitausend nachspüren. Die Ruhe und Stille im Garten lädt ein zum Gebet, zum Gespräch und zur Schriftlesung und wir haben es genutzt.
Um 16:00 Uhr hatten wir den nächsten Termin. Somit konnten wir uns eine lange Mittagspause leisten. Der Garten unseres Hospiz bot sich wieder an zu angenehmen Diskussionen, bei einer Pizza oder anderen Mittagessen. Bibellesen, eine Siesta oder einfach einmal „Nichtstun“ – jeder machte was ihm am liebsten lag.
Rechtzeitig machten wir uns auf und eilten durch die Altstadt in Richtung Dormitio. Hier befindet sich der heute so benannte und nichts mit dem alttestamentarisch verortete Zionsberg auf dem auch der Abendmahlsaal und das Davidgrab, der katholische Friedhof, die Benediktinerabtei Dormitio und das Grab von Oskar Schindler zu finden ist.
Unser Weg ging heute direkt in die Dormitio. Hier befindet sich eben eine deutsche Benediktinerabtei, die auf eine Gründung Kaiser Wilhelm II. zurückgeht und auch die deutsche Auslandsgemeinde ist. Aktuell wir diese Abtei, die eine Zweigniederlassung am See Genezareth hat (Tabgah) von Pater Nikodemus Schnabel. Der recht junge Ordensmann sprüht vor Feuer und zeugt von einem tiefen Glauben an den einen Gott. Dies braucht er auch, bei den vielen Aufgaben hier und auch bei den vielen – doch sehr traurigen Angriffen – von rechtsnationalen Gruppen gegen den Orden und gegen die Christen. In seinen Alltag, mit all den Themen, Aufgaben, Freuden und Sorgen gab er uns einen kleinen Einblick und dafür können wir wirklich dankbar sein.
das Gespräch endete kurz vor 18:00 Uhr da der Ordensmann zum Stundengebet musste und wir machten uns auf den Rückweg, denn nach dem Abendessen stand ein weiteres Gespräch auf dem Programm. Diesmal mit der Konvertitin Tamar Avraham. Im schön gestalteten Saal des Hospiz konnten wir mit ihr fast zwei Stunden lang über ihren Weg vom Christentum zum Judentum, von den Besonderheiten des jüdischen Glaubens und über verschiedene politische Themen sprechen. Dies war ein bisschen als Vorbereitung gedacht für den gemeinsamen Tag am Donnerstag. Dort werden wir mit ihr, da sie auch ausgebildeter Guide ist, Yad Vashem besuchen.
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