Riten mit Leben

Ein Beispiel: Ein Kommunionhelfer eilt nach der Kommunionausteilung in Richtung Tabernakel. Mit dem Hostienkelch in der Hand macht er eine Kniebeuge vor dem Tabernakel und stellt danach die Hostien ein. 

Eine Gläubige betritt eine Kirche, greift zum Weiwasserbecken, verharrt, schlägt das Kreuzzeichen und tritt in die Kirche ein.

Ein Ministrant ist eifrig bemüht all das zu machen, was zu tun ist. Dabei macht er vor einem Hochaltar, ohne Tabernakel, mehrmals in der Liturgie eine Kniebeuge. Jedoch nicht vor dem Tabernakel und auch nicht vor dem Zelebrationsaltar. 

Das sind kleine Beispiele, ganz nebensächlich für jene die in der Kirche aktiv der Liturgie folgen und sich auf das Geschehen, das in der Gemeinschaft geschieht konzentrieren. Gerade aber im Kreis von Kirchenfunktionären, von Theologisierenden, Seminaristen und Priestern sind Haltung, Benehmen, Rituale ein großes Thema, drücken sie doch – so zumindest die Meinung – ganz klar die jeweilige Haltung, Spiritualität und kirchliche Gesinnung aus.

Auch wenn immer wieder behauptet wird, dass wir heute viel weniger Wert auf die Ausführung der Ritualien legen, so beobachte ich doch statt dessen eine höhere Aufmerksamkeit gegenüber dem was der/die Andere so im Gottesdienst tut. Und auch der Gläubige macht sich, so erlebe ich es, insgeheim immer mehr Gedanken, welche Botschaft er oder sie mit dem was er tut sendet.

Seit der Liturgiereform in Folge des II. Vatikanischen Konzils hat sich viel verändert. Dabei brachte diese Reform aber kein Stillstand oder einen allgemein gültigen Zustand sondern vielmehr eher mehr Unsicherheiten, mehr nicht voll verankerte Handlungen und Vorgänge, mehr hinterfragbare Handlungen und Ritualien, die eben auch mit kirchenpolitischen Botschaften aufgeladen sind. Ohne irgendwelche Personen oder Personenkreise negieren zu wollen oder unterstellen zu wollen, dass es an spiritueller Grundhaltung mangelt, so muss ich doch sagen, wachsen meine Zweifel über den Zusammenhang zwischen dem was in der Liturgie getan und was geglaubt wird.

Dabei ist das, mag es auch für manche nicht so sein, ein wichtiges entscheidendes Thema und nicht nur in katholischer Kirche. Wenn wir von unseren liturgischen Ritualen sprechen, dann sind diese auch ein Teil der vielen verschiedenen rituellen Handlungen und Ritualien, die wir alle im Leben tun, bzw. die unser Leben prägen. Dabei haben diese verschiedene Gründe. Diese festen Handlungsabläufe und eingeübten Handlungen vermitteln Sicherheit, Zugehörigkeit, Heimat. Sie aktivieren eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe und sie verbinden die Gegenwart mit der Vergangenheit. Gerade im Glauben ist der letzte Aspekt ein entscheidender. Riten und rituelle Handlungen sind gewachsene Vorgänge. Sie sind aus einer Grundhaltung heraus entstanden und übernommen worden, als Zeichen, als Erinnerungshandlung, o. Ä.

Im Alltag übernehmen wir Handlungen und Abläufe von unseren Eltern, wir prägen unseren eigenen Tagesablauf in unserem Leben aufgrund unseres Berufs, aufgrund unserer Lebenssituation und Erfahrungen. Sie haben einen Sinn! Trotzdem gilt es diesen immer wieder anzufragen. Ist es noch sinnvoll dieses oder jenes zu tun? Es ist nicht mehr sinnvoll Kohlen einzulagern, wenn man eine Ölheizung hat. Und genauso ist es zu prüfen, ob die Handlungen in der Liturgie mit dem Übereinstimmen, was theologische Grundhaltung ist. Darüber hinaus braucht es auch hier noch die Frage, ob es zwischen der Handlung und der einzelnen Person, ob Priester oder Laie, eine Verbindung besteht. Eine Verbindung hin zum Denken, Erkennen zum eigenen Leben.

Zum Glauben gehört ein Verstehen und ein Glauben im Alltag leben. Die Liturgie, ganz besonders die Eucharistie soll diese Beziehung zwischen Glauben und Leben aufzeigen. Eucharistie ist in Liturgie geprägtes Lebensereignis und gerade deshalb ist es wichtig, den Ablauf, die Worte und Handlungen mit Leben zu füllen. Einmal in dem der/die einzelne sich auf das Weitergegebene einlässt, sich einübt und zum anderen indem wir uns alle immer wieder anfragen lassen, was wir eigentlich da gerade tun.

Und wie bei den obigen Beispielen gilt es das Tun in Frage zu stellen. Ist es sinnvoll, ist es gelebter und auch theologisch stimmiger Ausdruck des Glaubens, wenn ich meine Kniebeuge, mein Kreuzzeichen oder andere Handlungen vornehme? Die Zeichen wirken nicht alleine, Sakramente und sakramentale Handlungen zaubern nicht irgendwas her sondern sind Zeichen zu etwas was „da ist“.

Deshalb sollten wir uns die Frage stellen – in aller Offenheit und Bereitschaft zur Selbstreflexion – zu unserem Glaubensleben im Gebet und in der Ausprägung. Dies aber, und das ist mir wichtig, ohne irgendeine spirituelle Prägung grundsätzlich zu negieren oder irgendwelche Formen der Liturgie abzulehnen. Aller gelebter Glaube ist wertvoll und würdig solange er nicht andere herabwürdigt oder negiert.

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s