Nach den letzten Wochen mit eher schwererer Literatur stolperte ich in der Stadt über den neuen Krimi von Martin Walker um den Chef de police Bruno. Der neueste Périgord-Krimi – der Titel lässt es erahnen – legt den Blick auf russische Protagonisten. Es geht um das russisches Finanzgebaren in Europa, es geht um die Krise bzw. den Krieg in der Ukraine und der völkerrechtswidrige Besetzung der Krim, es geht um Gewalt, die von Russland ausgeht, es geht um die Flüchtlinge, die in Europa eine bessere Zukunft suchen, um Rache, um die Trauerverarbeitung, um Liebe, um …
In Saint-Denis gibt es wieder einen Todesfall, der zuerst logisch erscheint, sich aber doch Fragen aufwirft. Darum kümmert sich Bruno und so ganz nebenbei entdeckt er ein Netz von Intrigen und Betrug.
Ein zweiter Erzählstrang entwickelt sich auf dem Chateau Rock, dem Alterssitz eines Altrockstars. Dessen Kinder kommen nach Hause, mit ihnen Musikerfreunde und die neue Freundin des Sohnes. Liebe verbindet nicht nur Menschen, sondern auch Völker und Schicksäler, das zeigt sich hier, auch indem sich diese beiden Erzählstränge nach und nach annähern.
Wie immer zieht sich ein gesonderter, in diesem Fall ein dritter Erzählstrang, durch das Buch. Dabei geht es um das Leben von Bruno, eingebettet in die wunderbare Natur, verbunden mit den besonderen Freunden, geprägt von gutem Essen und einem guten Tropfen Wein. Und natürlich darf auch Isabell nicht fehlen, jene Frau, die Brunos Traumfrau darstellt, die aber nur Augenblicke lang in sein Leben eintritt. In diesem Fall genau dann, als Bruno seinen jungen Basset Balzac eine junge Hündin decken lässt. Für Besitzer wie Hund gibt es somit 25 Stunden der Liebe.
Es ist der dreizehnte Krimi aus dieser Reihe. Auch dieser ist kurzweilig und hat mich für einen Tag unterhalten. Es gab die eine oder andere zu erwartende Wendung, es gibt auch dieses Mal wieder die eine oder andere Geschichte, die sich in einem der nächsten Bücher weitererzählen lässt – und daher ist es angenehme, leichte Unterhaltung (und nicht langweilig). Absolut passend um in der Sonne liegend nichts zu denken und ein wenig zu träumen. Wie immer ist auch dieser Band eine schöne Werbung für die Ferienregion und manchmal beschleicht einen die freche Frage, ob die Tourismusbranche des Périgord dem Autor nicht zumindest täglich dem Hl. Hilarius täglich eine Kerze stiften, damit dieser um ein langes, produktives Leben bei Gott für den Autor erbittet.
Irgendwie wird in diesem Buch weniger gegessen. Dabei weiß ich nicht, ob ich das angenehm finde oder nicht. Zum anderen kommen einige Fragen auf bezüglich Brunos zukünftigen Liebeslebens und auch so manch ein anderer Erzählstrang dürfte in diesem Buch für weitere Ausgaben der Reihe bereitgelegt worden sein. Aber die Vorfreude auf den nächsten Band ist nicht so stark wie bei den letzten beiden. Und auch so manch eine Erzählung rund um das Leben von Bruno rutscht manchmal mehr, manchmal weniger ab in schon öfters gehörte Ausführungen. Wer neu in die Reihe einsteigt, dürfte wahrscheinlich nicht unbedingt weiter lesen. Wer aber alle Folgen gelesen hat, so wie ich, der weiß, dass auch eine Reihe ihre „Auf und Abs“ hat und wird auch die nächsten Folgen kaufen.
Was mir in der Luft hängen bleibt ist die Geschichte von Galina, die junge Freundin und die Tochter eines russischen Oligarchen. Ein schüchternes und begeisterungsfähiges Mädchen, ihr strahlen lässt sich erahnen, genauso wie ihr sorgenloses Leben. Aber trotz der verschiedenen Facetten bleibt sie unklar, taucht nur Momente lang aus einem gewissen, konturenverwischenden Nebel auf. Sie ist nicht wirklich fassbar und damit auch ihre angedeutete Auseinandersetzung mit dem Vater und mit den im Roman angesprochenen Ereignissen. Irgendwie ein wenig unfertig, aber auch ganz angenehm, denn sie verkommt nicht zu einer übertrieben geläuterten heiligen Frau, bleibt also irgendwie offen.
So manch eine politische Aussage in dem Buch lässt sich diskutieren. Es erinnert aber an andere politische Stoffe, die in dieser Reihe bearbeitet wurden. Und es wäre interessant darüber nachzudenken, wieso nur Angela Merkel in diesem Buch, als einzige Politikerin gut wegkommt und das gerade für eine Haltung, die ihr in Deutschland so viel Hass geschaffen hat (vgl. S. 340).
Alles in allem ein lesbares Stück Krimi. In Ordnung für den endlich wieder anstehenden Urlaub, für den Liegestuhl am Strand oder (für alle, die es als sicherer erachten nicht ins Ausland zu fahren) für die gemütlichen Stunden irgendwo an einem schönen Ort in Deutschland. Und ich denke, wer diesmal nicht auf seine Kosten kommt, was die Rezepte angeht, muss sich dann halt das passende Ergänzungsmaterial anschaffen. Bei mir reift die Überlegung das entsprechende Kochbuch zu kaufen.
Walker, Martin; Französisches Roulette. Der dreizehnte Fall für Bruno Chef de police. Zürich 2021.