Aus der Distanz ..

Ja, heute ist Schmotzige Dunschtig und ich bin nicht in Radolfzell. Auch wenn das nicht das erste Mal ist, dann ist das noch immer ein komisches Gefühl. Wie einem die Fasnet – gerade die Radolfzeller Fasnet – doch prägen kann.

Und aus der Distanz fällt mir nochmal auf, was mir fehlt, bzw. was mir eben so besonders gefällt an dieser Radolfzeller Fasnet. Dazu gehört vor allem die Musik die man in Radolfzell hören, ja erleben kann. Das fällt einem Radolfzeller im „Exil“ erst dann wirklich auf, wenn man am Schmotzigen, ganz früh am Morgen, durch Straßen läuft und nichts zu hören ist. Keine Trommeln von Fanfarenzügen, der Garde o. Ä. keine Töne der Musiken, … keine Klepperle. Und dabei sind diese Morgenlaute, doch wirklich was besonderes, dieses Nachhallen von Musik am frühen Morgen, das durch Hauswände verstärkt, durch ganze Stadtteile schallt.

Ganz besonders fehlt mir die Musik der Froschenkapelle. Ich bin mit ihr aufgewachsen. Sie ist nicht mehr die Truppe meiner Kindheit, sie hat sich – was gut ist – verändert und doch sehe und höre ich im Geiste die Musik, die mich geprägt hat. Beim Froschenmarsch, beim Narrenmarsch oder bei den alten Fasnetsschlagern bis hin zum „Treuen Husar“ juckts mir in den Fingern … denn in Radolfzell juckts den Narr zuerst in den Fingern und nicht wie überall auf der Welt in den Beinen. Schuld daran sind die Klepperle, die ich außerhalb der Radolfzeller Welt, oft nur heimlich anschlage.

Aus der Distanz fällt einem auch auf, was sonst so ganz besonders an der Zeller Fasnet ist. Das ist, neben all der Masse an Veranstaltungen, der Menge an Menschen, gerade immer die Besonderheit der kleinen Gruppen. Auf den Strassen, Gassen, Plätzen findet man sich zusammen. Ob in der Wirtschaft, in den Unternehmen am Schmotzigen, im Zunfthaus oder im Baum – egal wo, es sind die kleinen Kreise, die sich finden, die sich öffnen für Ankommende, die sich verändern weil Einzelne weiterziehen. Oder diese „Vor-treffen“ bevor es in die Stadt geht: Gemeinsam sich richten, ein Glas in der Hand, immer länger brauchend als geplant, weil es ja so viel zum schwätze gibt. Das am Abend vor dem Hemdglonkerumzug in die Stadt laufen, wenn man auf diesem Weg andere Hemdglonker trifft. Kurz redet, weiter zieht, die Gruppe sogar immer größer wird, zu einem ersten kleinen Prä-Umzug. Oder das Nachhause gehen, plötzlich läuft man nicht allein, und irgendwo auf dem Weg, völlig spontan, kehrt man noch irgendwo ein. Zu einem Schorle, zu einem Wasser, ja gar zu einer Suppe morgens früh um halb drei, bevor man dann gestärkt und bereit für den neuen Tag, weiter zieht … das ist alles Radolfzeller Fasnet.

Aus der Distanz fällt mir nochmal auf, wie bunt, wie persönlich, wie vielfältig die Radolfzeller Fasnet ist. Diese Farben- und Bilderpracht ist der Grund, warum ich mich so auf den Sonntagsumzug in Radolfzell freue. Ehrlich: Ich moderiere den Umzug nur deshalb so gerne, weil ich erstens so viele Menschen treffe und zweitens: Es gibt keine besseren Plätze als die Moderationsbühnen um diesen für mich schönsten Umzug, zu sehen. Den Luxus gönne ich mir.

Und wenn ich aus der Distanz zurück schaue, dann waren die schönsten Momente meiner Präsidenten/Zunftmeisterzeit jene in denen ich auf der Marktplatzbühne stehen durfte. Einen Marktplatz vor mir, so bunt, so vielfältig so richtig närrisch. Was gibt es denn an Fasnet schöneres als Radolfzeller Straßenfasnet?

Ich bin gespannt auf ‚meine‘ Tage in Radolfzell am Sonntag und eventuell Montag. Viel hat sich in meinem Leben seit der letzten Fasnet verändert, vieles hat mich verändert – eventuell ist die Fasnet genau der Ort, den ich brauche um wieder ein bisschen zum Lachen zu gelangen. Ich freu mich auf alle Fälle auf Radolfzell, auf die Narren, auf Freunde und Begegnungen. Aus der Distanz brenne ich darauf, Fasnet zu feiern.

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