Einmal muss das Fest ja kommen

Cover von C.H. Beck

220 Seiten die viel zu lange ungelesen in meinem Regal gestanden sind. Das sind die Seiten des „Reisebuches“: „Eine Reise zu Ingeborg Bachmann“ von Frauke Meyer-Gosau (im C. H. Beck-Verlag). Dabei handelt es sich wirklich um ein Reisebuch. Es ist ein Reisebuch der Autorin zu den Lebens- und Schauplätzen des Lebens von Ingeborg Bachmann. Es ist ein Reisebuch in der die Autorin eine neue Bachmann kennen lernt, eine Autorin und Mensch, die eben nicht (nur) so ist, wie sie im Laufe der Jahrzehnte in der Öffentlichkeit geworden ist. Es ist ein Reisebuch für den Lesenden, denjenigen der Ingeborg Bachmann erst jetzt entdeckt. Dabei liegt (meiner Meinung nach) der Fokus auf jene Lesenden, die keine jahrzehntelange Erfahrung mit Ingeborg Bachmann haben.

Und somit: Das vorliegende, schon 2008 erschienene Buch ist ein Buch für die Nachgeborenen. Ein Buch, das zur Lesehilfe werden kann und darf für die Gedichte, Texte, Romane und Beiträge die Ingeborg Bachmann geschrieben hat.

Station macht die Autorin in Rom, in Berlin, Zürich, Paris, Wien, Klagenfurt und auf Ischia. Überall sucht sie räumliche und persönliche Zeitzeugen: Häuser, Wohnungen, Zimmer, Freunde und Lebenspartner kommen zu Wort und schaffen Annäherung an Ingeborg Bachmann. Annäherungen, die zu Lesehilfen werden für einzelne Gedichte und Romane.

Die Sprache dieser Reisebiografie lädt ein zum zügigen lesen. Sie ist ästhetisch ansprechend. Nur manchmal lässt sie eine schale Frage zurück ob es bei diesem Buch um die Bachmann geht oder um eine sprachliche Übertrumpfung der Beschriebenen.

Immer wieder werden biografische Verbindungen zu einzelnen Romanfiguren und Gedichten hergestellt. Das ist stimmig. Das dürfte wirklich der Fall sein. Die Warnung, dass aber hier keine eins-zu-eins Übertragung erfolgte, die kommt aus meiner Sicht eher zu schwach und zu spät.

Eines störte mich noch: Die Wiederholung einzelner Zitate. Bis zu drei-vier Mal finden sich die gleichen Zitate, was im ersten Moment dazu führt die Frage zu stellen, ob die Biografieautorin nur das gelesen hat, oder ob die aufgestellten Bezüge und Belege  einseitig sein könnten.

Aber abgesehen von diesen drei Punkten, die ein bisschen stören ist es ein wunderbares Buch und wirklich ein Buch, das für jeden (jüngeren Leser, wie das mit erfahrenen Bachmann-Leser ist, weiß ich nicht), der gerne deutschsprachige Literatur ließt, ansprechend ist. Es gibt einen Blick frei auf Ingeborg Bachmann, auf die literarische Welt der Nachkriegszeit und bietet eine Fülle von kleinen wunderbaren Momenten auf viele andere Persönlichkeiten des Literaturbetriebes.

Für Romliebhaber sind gerade die ersten 70 Seiten etwas Wunderbares. Das heutige Rom mit Ingeborg Bachmann zu entdecken, das ist etwas Schönes und hat mich schwelgen lassen. Nicht zuletzt auch, weil hier nicht nur Räume, sondern Personen auftauchen, die manch ein deutsch-Römer noch erleben durfte.

2 Antworten zu „Einmal muss das Fest ja kommen”.

  1. Avatar von Christiane Bremer
    Christiane Bremer

    Muss ich dann unbedingt lesen. Danke!

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    1. Na für dich dürfte es fast langweilig sein, oder? Du bist doch erfahrene Bachmann-Leserin, oder und die Bachmann-Freundinnen haben ja wirklich einen Steinwurf von dir gelebt, bzw. leben ja noch immer in nächster Nähe zu euch.

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