Frau Sarah Wagenknecht hat in einem Interview in der FAS vom vergangenen Sonntag die Aussage gebracht, dass viele der Wähler der AFD Protestwähler sind und keine Rassisten. Das ist ein schöner Satz und für diesen und viele andere Sätze hat Frau Wagenknecht auch viel Applaus bekommen in den letzten Tagen. Das freut mich für sie. Ich bin inhaltlich aber ein bisschen anderer Meinung.
Ja, ich denke auch, dass nicht jedes Mitglied und Wähler der AFD ein Rassist (auch weiblich) ist. Nicht jeder AFD’ler ist ein Ausländerfeind oder hat antisemitische Ansichten. Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass diese Partei damit spielt (und aktiv fordert), einzelne Personengruppen, einzelne Religionsgemeinschaften oder Menschen aus einzelnen Kulturkreisen zu negieren und ihnen in jeweils unterschiedlicher Form Menschenrechte abspricht, oder absprechen will. Wir erleben in den vielen Reden und Kommentaren der PolitikerInnen der AFD, der Sympathisanten, Mitglieder und Wähler nicht mehr nur eine latente, sondern eine stark ausgeprägte Form der Beleidigung von Menschen die so weit geht, dass ihnen Krankheit, Unglück und gar Tod gewünscht werden. Einher gehen diese Aussagen mit Vergleichen der heutigen Demokratie, der heutigen Journalisten und der heutigen Politiker mit Diktatoren, mit NS-Größen (Freissler) oder andere historische negativ belegte Persönlichkeiten und Systemen. Dazu kommt dann noch eine Sehnsucht nach einer vergangenen Größe Deutschland, einer Relativierung der Untaten und Vernichtungsaktionen in der Nazi-Zeit oder der Sehnsucht nach einem „Großdeutschtumdenken“. Wenn wir uns dessen bewusst sind, dann können wir gerne sagen, die meisten Wähler sind keine Rassisten, aber sie akzeptieren die Haltung, sie fördern diese Haltung, sie schaffen die Möglichkeit, dass rassistische und menschenverachtende Haltungen, Aussagen und Aktionen Raum und Aufmerksamkeit bekommen.
Die Aussage, dass die Wähler der AFD keine Rassisten sind empfinde ich in einem gewissen Maße als eine Ausrede, als ein Versuch die Wähler abzuwerben, ohne klar zu sagen, was hier falsch läuft. Sind denn Menschen, die bewusst durch Handlungen Rassisten unterstützen nicht mit schuldig an den sich daraus heraus ergebenden Taten und der vergifteten Stimmung in unserer Gesellschaft? Wenn ich einem Mörder bei seiner Tat zur Seite stehe, ihn unterstütze, dann bin ich zwar nicht der ausführende Mörder aber ich bin mit schuld an der Tat.
Und die Verharmlosung der Entscheidung zur Wahl der AFD, als Protestwahl, das geht einfach nicht. Wer Rassisten, wer eine menschenverachtende populistische Partei wählt, der fördert diese, ob er dies aus Protest tut oder nicht – in beiden Fällen ist er mit beteiligt daran, was diese Partei tut. Eine Wahlentscheidung aus Protest kann ja sein, aber dann bitte mit einer Partei die auf den Grundlagen von Demokratie und den Menschenrechten steht. Die Wahl der AFD, die Mitgliedschaft in der AFD ist aus meiner Sicht als Christ nicht möglich. Mitgliedschaft und/oder Wahl der AFD ist Leugnung der christlichen Grundwerte. Als Christ ist es nicht möglich eine Partei zu wählen oder zu unterstützen die Menschen, oder Teile der Menschheit ausgrenzt, negiert oder missachtet, die Menschen aufgrund ihrer Religion, Rasse oder Zugehörigkeit pauschal verurteilt und ihr die Würde des Menschen, das Recht auf Leben, auf gerechte Gesetze aberkennt. Dies alles tut die AFD, sie verkleidet dies natürlich hinter den scheinbar humanen und wieder salonfähigen Parolen von „Heimat“, „Freiheit“, „Deutschtum“, „Wertegesellschaft“ und Schutz der „Biodeutschen“, oder gar der sozial Schwachen in Deutschland. Aber es geht dieser Partei nicht um Deutschland, es geht dieser Partei – und das hat das Sommerinterview ganz genau gezeigt – nicht darum Deutschland zukunftsfähig zu machen, sondern allein darum die eigenen Ängste und Unzulänglichkeiten hinter Parolen zu verstecken, die nur einer kleinen Gruppe nützen und mit Sicherheit nicht zum Vorteil der „Deutschen“ ist.
Ich höre immer wieder Christen die sagen: Naja, AFD ist aber zumindest gegen Abtreibung und hält die klassischen christlichen Werte im Bereich Familie etc. hoch. Echt? Glaubt ihr das? Was ist das für eine Haltung? Nur für klassische christliche Themen zu sein, sagt noch lange nichts zum Menschenbild, das dahinter steckt.
Wer aus Protest etwas in der Politik machen will, der soll wählen gehen, der soll Mitglied von Parteien werden, die auf demokratischen Füßen stehen, soll Verantwortung übernehmen auf den verschiedenen Ebenen der Politik, muss sein Leben selbst nachhaltig gestalten und – es wird ja immer so nach den Werten des christlichen Abendlandes gerufen – sein Leben und sein Tun am Evangelium Jesu Christi ausrichten; im Glauben, aber eben auch in der Moral und in der Haltung den Mitmenschen gegenüber.