Europa – 60 Jahre Römische Verträge

 

 

Gestern feierte Europa Geburtstag. Europa, nicht nur die Staatenlenker, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger gedachten der Unterzeichnung der Römischen Verträge im Jahr 1957. Damals kamen Staatschefs sechs europäischer Nationen in Rom zusammen und unterzeichneten zwei Verträge die im entscheidenden Maße unser Vergangenheit, unsere Gegenwart und auch unsere Zukunft prägen werden, denn sie waren fest entschlossen die „Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker zu schaffen“ (Präambel).

Die römischen Verträge, gerade die Unterzeichner, waren geprägt von der Geschichte, aber auch im hohen Maße geprägt von ihrem eigenen Glauben, von Visionen und Ideen, die ihnen die Möglichkeiten geben sollte das Leben von Millionen Menschen zu verbessern. Sie nahmen ihren Auftrag als Staatsmänner an und gestalteten ganz bewusst die Zukunft ihrer Staaten und deren Bürger. Aus diesem Vertrag mit sechs Ländern wurde die heutige EU mit 27 (naja 28) Staaten und weit über 500 Millionen Bürgern.

Heute war ich zum ersten Mal bei einer der Demonstrationen der Bürgerinitiative „Pulse of Europe“. Bisher konnte ich nicht, da ich unter anderem ja im Ausland war, aber ich habe mir vorgenommen an jedem möglichen Sonntag – nächste Woche in Berlin – dabei zu sein. In 60 Städten treffen sich aktuell jeden Sonntag um 14:00 Uhr tausende Bürger um nicht gegen etwas zu demonstrieren, sondern um für Europa zu demonstrieren. Wohl wissend, dass nicht alles perfekt ist in diesem Staatenbund, geht es den Organisatoren und auch den Teilnehmern darum Flagge zu zeigen für eine einmalige politische Erfolgsgeschichte und damit zu signalisieren: Europa, das sind nicht Verträge oder wohlmeinende Reden, sondern die Bürgerinnen und Bürger der Länder.

Die sehr allgemein gehaltenen Aussagen auf der Internetseite von „Pulse of Europe“ kann ich alle voll mitunterschreiben. Mir gehen sie nicht weit genug. Jedoch stehe ich voll und ganz dahinter. Wir können Europa, wir können unsere Zukunft, eine Zukunft in Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlstand nicht alleine den Politikern überlassen. Europa das sind wir selber, wir die einmal natürlich zur Wahl gehen müssen, wenn wir politische Veränderungen wollen, aber auch wir, die im Kleinen, im Alltäglichen zu Europa stehen und unsere Visionen aussprechen, um eine Stimme zu bekommen und die Politiker zu bewegen weiter zu gehen. Meiner Ansicht so weit zu gehen um eines Tages eine föderalistische politische Vereinigung zu erreichen, in der es allein regionale und sprachliche Grenzen aber keine nationalen Grenzen mehr gibt.

Mir ist ein gewähltes Parlament zu wenig, es braucht eine gewählte Regierung die ganz im Sinne der Subsidiarität arbeitet. Für mich ist es logisch, dass es in Anbetracht einer gemeinsamen Währung auch eine gemeinsame Finanzpolitik braucht. Für mich ist eine europäische Armee keine böse Vision, sondern in Zeiten von neuen Gefahren aber auch in Zeiten von Sparen und sinnvollem Wirtschaften eine gute und logische Folge der EU. Darüber hinaus muss sich auch im Bereich der Bildungspolitik entscheidendes verändern. Wir brauchen die Einführung von Standards in der Ausbildung, denn nur gut ausgebildete junge Menschen können auf einem europäischen Arbeitsmarkt in eine ehrliche Konkurrenz treten und dort eingesetzt werden wo man sie braucht.

Audienz beim Papst

Am Freitagabend hatten die 27 Vertreter der Länder der EU eine Audienz bei Papst Franziskus. Zum dritten Mal hielt der Heilige Vater eine Rede zur Lage der EU und stellte die Verbindungen zwischen EU und Christentum heraus. So sagte er: „Am Ursprung der Idee Europa steht »die Gestalt und die Verantwortlichkeit der menschlichen Person samt dem Ferment einer im Evangelium gegründeten Brüderlichkeit,“ (Franziskus 24,03.17). Hier und an vielen weiteren Textstellen mahnt er die Vertreterinnen und Vertreter an, nicht das Evangelium und die Botschaft Jesu Christi zu vergessen. Der Papst zeigt, dass er kein Politiker ist, dass aber die Kirche eine Verpflichtung hat in Wort und Tat die moralische Komponente einzufordern, die es braucht, dass ein Staat oder ein Staatsgebilde nicht nur Recht spricht, sondern auch stehts um Gerechtigkeit, auch um soziale Gerechtigkeit ringt.

Es ist gut, dass die Vertreterinnen und Vertreter der EU beim Heiligen Vater, dem Karlspreisträger 2016, zur Audienz waren. Es erinnert nämlich auch daran, dass die damaligen Ideengeber und Staatsmänner nicht nur christlich sozialisiert waren, sondern im hohen Maße ihre Politik aus einem gelebten Christentum heraus betrieben. Die Idee Europas ist eine zu tiefst christliche Idee, denn sie setzt die politische Komponente der Botschaft Jesu Christi in tägliches politisches und wirtschaftliches Handeln um – oder will es zumindest.

Für mich ist mein Glaube Grundlage einer Verpflichtung als Bürger, meine politische Meinung zu sagen, mich in politische und gesellschaftliche Diskurse einzubringen und wählen zu gehen, damit Politik und Gesellschaft ein Raum werden, in denen die Botschaft der Liebe zumindest im menschlichen Maße Wirklichkeit wird. Deshalb nehme ich an diesen Veranstaltungen teil und werde auch zu jeder Gelegenheit ausdrücken, dass ich ein badischer Europäer bin.

 

Klar ist das „Schleichwerbung“, aber grad die Verbindung zwischen katholischer Lehre und Politik ist mir wichtig und daher empfehle ich einige Bücher:

Franziskus: Mein Traum von Europa

Schavan (Hg.): Päpste vor Parlamente

Ratzinger, Josef: Werte in Zeiten des Umbruchs

Patocka, Jan: Europa und Nach-Europa

Möde, Erwin (Hg.): Europa braucht Spiritualität

Hertz, Dietmar: Die Europäische Union

Kompendium der Soziallehre

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