Israel 2017 Achtundzwanzigster Tag

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… Darum werdet ihr jetzt zu Lektoren bestellt. […] Ihr übernehmt damit einen besonderen Dienst am Glauben des Gottesvolkes; denn dieser Glaube wurzelt im Wort Gottes. […] Ihr sollt Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Glauben unterweisen und zum würdigen Empfang der Sakramente führen. Ihr sollt diese frohe Botschaft aber auch denen verkünden, die sie noch nicht kennen. […] Vor allem macht sichtbar in eurem Leben, dass Jesus Christus unser Heil ist.

Das sind einzelne Worte/Auszüge der Einführung, die der Bischof, oder sein dazu Beauftragter, spricht bevor er junge Männer zum Lektor beauftragt. Diese Beauftragung ist im Rahmen der Ausbildung zum Priesterberuf eine erste Wegmarke, ein Anruf an jene, die sich auf den Weg gemacht haben und so wird auch am Anfang dieses Gottesdienstes zur Beauftragung auch jeder einzelne mit Namen gerufen. Und jeder einzelne spricht laut „Hier bin ich“. Es ist so ein erstes Zeugnis, das die Lektoren sprechen, ein erstes Zeugnis, dass da Menschen den Weg gehen wollen; in der Nachfolge.

Einer dieser Männer war nun dann also ich heute Morgen. Wir feierten diese Beauftragung – an der alle Freiburger Kollegen beauftragt wurden – in der Sankt Anna-Kapelle, der Sakramentskapelle, in der Basilika hier in Nazareth. Ein ganz besonderer Ort um die Frage nach der Nachfolge zu stellen.

Die Antwort die wir schlussendlich geben dürfen eines Tages – am Tag der Weihe – ist nicht alleine das „Hier bin ich“ sondern das „Fiat -mir geschehe“, das sich in der Tradition Maria befindet. Was in den „Berufungsschritten“ der Ausbildung, was sich in der Weihe ereignet, ist nichts, was ich tue sondern allein was Gott tut: „Mir geschehe nach deinem Wort“ – Das zu lernen, dieses zulassen – gegen alle seit Jahren eingeübten Reaktionen, um Selbstständigkeit und Freiheit mir zu bewahren – ist tägliches arbeiten. Gott, begleite alle die diesen Weg gehen dabei, führe uns und helfe uns.

Nach der Beauftragung – die gleichsam wie ein kurzer Ausstieg aus dem Alltag war, ein kleine Zeitanhalten – ging die Lesezeit weiter, denn heute hatten wir gleich drei Bücher zum Lesen. Das Buch Kohelet, das Hohelied der Liebe und das Buch der Weisheit. Drei Bücher die im ersten Blick so locker und leicht daher kommen, aber in der Tiefe ungemein viel zum Nachdenken beinhalten.

Gerade Kohelet und Weisheit sind zwei Bücher die mir eher vorkommen wie der Versuch in einem Durchschreiten einer Bibliothek, im Minutentakt alle Quintessenzen aufzusaugen und mitzunehmen. Die beiden Bücher haben so viele einzelne Sprüche, die erst wirken, wenn sie so nach und nach, in Verbindung mit Lebensmomenten aufgehen können.

Was unter vielen Punkten für mich heute herausgestochen ist, ist die wohl alte Frage nach der Verantwortung des Einzelnen. Kohelet spricht so oft von Vorbestimmung, von einem Leben, das immer gleich abläuft. Hier klingt eine Vorausbestimmung der Menschen an. Nach der Frage ob ich als Mensch Einfluss nehmen kann auf mein Leben und wenn ja wie. Das ist nicht allein eine Frage die sich im Dialog zu Gott stellt, sondern auch zur Gesellschaft. Wenn ich durch Gott determiniert bin, bin ich dann auch durch andere Prozesse determiniert? Zum Beispiel von meiner Erziehung her, von der Vorgeschichte meiner Familie oder Gesellschaft? Da lässt Freud und Adler ihre Grüße hören, bei diesen Fragen. Aber auch jene Psychologen, die dankenswerterweise eben nicht bei Freuds Theorie stehen geblieben sind und uns Menschen auch in der Psychologie eine Freiheit und somit eine Verantwortung für unser Handeln zugesprochen hat.
Das sind heute wieder sehr heftige Sprünge – aber wenn wir die Bibel verkünden wollen, dann müssen wir uns (so denke ich) ja damit auseinandersetzen und auch prüfen, welche Verknotungen sich mit dem Heute, mit dem Leben, mit der Wissenschaft und den gesellschaftlichen Themen ergeben. Verkündigung ist ja nicht einfach wiederholen von selbst erlernten Lernsätzen und auswendig gelernten Regeln (das wäre dann eher eine tote Theologie), sondern das weitergeben, das übertragen, das neu aussprechen des lebendigen Wortes Gottes …

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