Heute gilt es Abschied zu nehmen von Jerusalem. Ganz profan geht es zum Damaskustor und ohne weitere Abschiede in den für Mensch und Gepäck zu kleinen Bus, der uns zu unseren nächsten Stationen fahren wird.
Jeruschalajim schel Sahaw – das Lied muss ich nochmal in Erinnerung rufen um mich von der heiligen Stadt zu verabschieden. Das Lied, die Melodie und diese liebenden Worte zu einer Stadt voller Hass und Liebe, Streit und Frieden, den verschiedensten Religionen und Ansichten schenkt auch mir eine Stimmung die ich noch ein wenig behalten will.
Jerusalem war mehr als nur eine Stadt die zu besuchen ist. Jerusalem ist das absolute „mehr“ das man sich vorstellen kann. Rumi schreibt: „Laß den Himmel sich auf der Erde widerspiegeln, auf daß die Erde zum Himmel werden möge.“ – das ist ein Spruch der sehr gut zu Jerusalem passt. Hier sollte es so sein, hier war es für mich ein bisschen wie wenn ich eine Ahnung bekommen hätte, wie es ist wenn der Himmel sich auf der Erde widerspiegelt. Es gab Momente in denen ich spüren konnte, dass die Nähe zwischen Himmel und Erde enger ist und ich die Chance habe, Gott irgendwie intensiver zu spüren. Gleich wie Wolkenfetzen, die über einen blauen Himmel jagen, waren diese Momente. Zart, wattebauschweich hell und klar – für jenen einen kleinen Moment. Aber so präsent, dass ich schon jetzt Sehnsucht danach habe.
Und ein anderes Zitat, diesmal aus einem Buch von Anna Mitgutsch (Abschied von Jerusalem), kommt mir in Erinnerung, das auch typisch für meine Stimmung und Haltung zu Jerusalem ist bzw. das mir zeigt wie brüchig jedes meiner Gefühle, jeder meiner Gedanken zu Jerusalem ist : „Es gibt nicht bloß eine Wahrheit, behauptet sie, es gibt viele und alle zugleich. Unsere Mentalität ist orientalisch, wir handeln nicht mit Ideen, sondern in Geschichten und Gleichnissen, wir reden Poesie und halten eine Balance zwischen den Gegensätzen, ihr redet von Gerechtigkeit und seid auch bloß selbstgerecht.„
Von Jerusalem also ging es zurück in die Wirklichkeit. In das Land Israel und auf den Spuren des Christusglauben in den Jahrhunderten. Zeitgenössischen Spuren gingen wir nach indem wir David Neuhaus, Jesuit und Patriarchalvikar für die hebräischsprechenden katholischen Christen, besuchten. Wir trafen ihn in einer Gemeinde in der insbesondere Gastarbeiter und Illegale leben. Er bzw. eine Mitarbeiterin die aus Deutschland kommt (Leipferdingen) erzählte von den Schwierigkeiten, Sorgen, Freuden und Nöten dieser Gemeinde.
Diesen Termin erreichten wir mit einer hohen Verspätung, da der Busfahrer nicht wirklich sich auskannte und auch – typisch Klitsche – nicht nach dem Weg fragen wollte. Die nächste Strecke nach Caesarea Maritima konnte dann wieder leichter finden und wir kamen auch dort heil an.
Hier lebten ab dem Jahre 6 n. Chr. die Statthalter Roms und so auch der uns bekannte Pontius Pilatus. Hier in Caesarea taufte Petrus die ersten Heiden (Apg 10) und hier war Paulus in Gefangenschaft bevor er nach Rom verschifft wurde (Apg 23). Hier lebte Eusebius von Caesarea, der erste christliche Geschichtsschreiber, der die Geschichte des frühen Christentums bis in das Jahr 324 zusammenstellte. Somit ist diese Stadt ein Ort voller christlicher Wurzeln und auch geschichtlicher Bezüge aus der römischen Zeit, aus der Kreuzfahrerzeit und auch heutiger Zeit.
Wir nutzten die Zeit auch um endlich mal die Füße in das Mittelmeer zu hängen. Dabei konnten wir bestätigen, dass der Strand und die Anlage wirklich wunderbar liegen. Wir konnten Herodes verstehen warum er hier einen Palast hatte.
Von Caersarea ging es
zurück nach Nazareth in „unsere“ Wohnung, in der wir nun noch zehn Nächte bleiben und uns wieder intensiver mit der Bibel beschäftigen. Ab morgen stehen dann wieder die einzelnen Bücher im Focus unseres Alltages hier.
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