Vor vier Jahren besuchte Papst Franziskus die lutherischen Kirche in Rom. Er war der dritte Papst, der diese Kirche besuchte, und lebte damit die Tradition weiter, dass er die tiefe Verbundenheit aller Christen, in seiner eigenen Sprache und Gesten, aufzeigte und betont.
Damals schon, in den Tagen danach und bis heute, bin ich fasziniert darüber wie sehr dieser Besuch und seine großartigen Worte und Gesten verschwiegen wird, ja wie sowohl in katholischen wie evangelischen Kreisen über eine eher steinbruchartige Auswahl von Zitaten, der Besuch nahezu abgewertet (zumindest marginalisiert) und die Impulse so fast negiert werden.
Zwei Impulse bleiben mir in Erinnerung und sind für mich Mahnung. Auf die Frage einer Frau, die in einer gemischt-konfessionellen Ehe lebt, antwortete der Papst in Anlehnung an Paulus: „Eine Taufe, ein Herr, ein Glaube. Sprecht mit dem Herrn und geht voran“. Und der andere Impuls ist für mich das Geschenk des Papstes an die Gemeinde von Rom, an den Pfarrer der Gemeinde. Papst Franziskus überreichte Pastor Kruse damals einen jener Zelebrationskelche, die er auf seinen pastoralen Reisen auch den Bischöfen überreicht.
Mit diesem Geschenk sehe ich u. a. ein Zeichen der Verbundenheit und eventuell ein weiterer Bezug dazu, was der Papst am Anfang seines Pontifikats gesagt hat: Er ist Bischof von Rom. Und in dieser Funktion, als Pontifex von Rom ist er Brückenbauer, beauftragt Einheiten zu schaffen und nicht zu trennen. Dieser Kelch ist für mich eine Brücke oder besser ein entscheidende Brückenpfeiler.
Aber auch das Zitat, der Impuls, den der Papst gesetzt hat, führt zu einer Brücke. Dabei hat er nicht eine Brücke gebaut, er hat vielmehr gezeigt, wie wir, das gemeinsame Volk Gottes, sie bauen können, diese Brücke. Denn die Brücke, die wir zur Einheit benötigen muss tief in uns beginnen, in der Gemeinschaft, im Glauben der einen Kirche. Baumeister dieser Brücke sind wir, wenn wir uns auf Gott einlassen, wenn wir im Gebet uns an den Bau machen, wenn wir im Bauen zulassen, dass der entscheidende Statiker und der bindende Mörtel der Heilige Geist ist.
Und dabei ist aus meiner Sicht – der Kelch und das Ziel des Pauluswortes unterstützen dies – die Eucharistie entscheidend. Eine Einheit ist erst dann erreicht und erst dann möglich, wenn wir uns auf die Eucharistie einlassen, wenn wir nicht nur darüber reden, wer sie einnehmen darf oder nicht, sondern wenn wir zutiefst ein eucharistisches Leben anstreben, wenn nicht die Handlung, sondern das Leben entscheidend ist. Bisher reden wir nur über Struktur und Regeln, wir müssen darüber reden, was uns verwandelt (hat). Wir müssen darüber reden was uns treibt, in jener Offenheit der Freiheit des Christenmenschen, die uns der Heilige Geist schenkt durch die Taufe, im Gebet, durch den Glauben.
Der Kelch ist der Ort, auf den die Brückenteile zulaufen, die wir bauen müssen. Er ist aber nicht Materie, er ist nicht ein Gral über dessen Bestand wir streiten sollten. Der Kelch ist das mehr, das wir nur gemeinsam erreichen.