Es wird fast nirgends so peinlich geschwafelt wie in der Liturgie. Gerade an jenen Stellen, an denen wir die alltägliche Wirklichkeit direkt vor Gott stellen können. Unsere Fragen, Sorgen und Ängste, Hoffnungen und Freuden – da wird geschwafelt. Nirgends gibt es mehr Floskeln und Worthülsen als in den Fürbitten und in der Predigt. Das habe ich dieser Tage wieder erlebt. Fast schmerzhaft. Das macht mich traurig – gerade im Advent -, es macht mich aber auch fragend. Fragend zuerst an mich selber und erst in zweiter Linie an das Volk Gottes. Bin ich, sind wir fähig zu reden unseren Glauben unsere Hoffnung und Erwartung auszudrücken. Nicht in vorgefassten Floskeln, sondern frei und klar, fest und sicher zu antworten auf die Fragen: Was ist der Advent für mich, was erwarte ich mir vom Advent, bzw. davon, was da ankommt?
Heute waren in der Liturgie Texte die voll von Erwartung und Hoffnung waren und schlussendlich von der Frage: Was wird da kommen? Denn alles was da beschrieben wird sind Bilder, eventuell von etwas, was wir als Menschen gar nicht abschließend beschreiben, sondern allein erwarten könne.
Was auch immer da kommt, es braucht von uns eine Grundhaltung der Hoffnung. Hoffen kann ich aber nur auf etwas positives. Hoffen, das ist Vorfreude auf etwas einzigartiges. Aber was nährt diese Hoffnung?
Jeremia (Jer 33, 14-16) versucht da etwas zu beschreiben. Er versucht zu beschreiben, was da kommen wird. Dabei zeigt sich bei Jeremia, egal was da kommt – und das was kommt ist unmenschlich, ja übermenschlich unbegreifbar – braucht es etwas, was die Hoffnung, die Erwartung nährt und zwar ein Grundvertrauen. Hoffnung, so zeigt uns Jeremia, braucht Vertrauen. Vertrauen, das ist wirklich eine Lebenshaltung. Das Vertrauen, das hier angesprochen wird nährt sich von Erfahrungen, die bestimmte Menschen mit Gott gemacht haben. Allen voran David.
Die Worte die wir aus der Bibel hören sind alt. Sie sind vollgesogene Worte voller Leben, voller Lebenserfahrung. Sie sind nicht dahergeplappert. Sie sind nicht wahllos ausgesucht um irgendwas zu sagen. Egal wie sie gewachsen sind. Die Worte der Bibel sind in Buchstaben gefasste Liebesgeschichte zwischen Gott und den Menschen. Sie sind Zeugnis. Sie sind Ausdruck, dessen was die Menschen subjektiv + objektiv erlebt haben.
In meinem Leben – ganz besonders in der Liturgie – sollen diese vollgesogenen Lebensworte der Bibel lebendig werden, denn sie dürfen, ja sie müssen auf mein Leben, auf mein Fragen, auf mein Suchen treffen und damit zu Antworten werden. Damit sie zur Antwort werden muss ich sie ernst nehmen, muss ich auch wirklich hörend, fragend werden und das Wort nicht zukleistern mit geplapper. Ich muss vertrauen haben. Deshalb: Was sind meine Fragen, oder mit einer ersten Frage: Was erwarte ich? Habe ich gar die Kraft, bin ich bereit zu Erwarten und das was da kommt anzunehmen? Egal ob es mir passt oder nicht? Und die Gefahr besteht: Wenn da nur annähernd etwas kommt, was in der Bibel beschrieben ist, dann wirft das alles, aber auch wirklich absolut mein ganzes Leben aus der Bahn.
Ich weiß, wie entscheidend wichtig für mein Heil der Tod und die Auferstehung ist. Aber damit ich das, was da (?!) kommt überhaupt irgendwie aufgreifen kann, braucht es den Advent und Weihnacht. Ohne das, geht der Rest nicht. Ich muss meinen Glauben, mein Leben vom Anfang aus denken. Und deshalb heute die erste(n) Frage(n): Was erwarte ich? Bin ich bereit das Erwartete anzunehmen, egal wie es wird.
Mein Leben steht und fällt mit der Vorbereitung darauf, an die Krippe treten zu können und zu sagen: Mein Herr und mein Gott ist Mensch geworden.
Da braucht es nicht viel Worte. Ganz sicher keine leeren Worthülsen. Da reicht wenig. Da gibt es nur eins: Mein ganzes Leben. Heute stelle ich die Frage: Björn, was erwartest du? Und ich gebe die Frage an euch: Was erwartet ihr? Stellt ihr euch auch die Frage? Gebt ihr euch auch Antworten? Und wenn ja, sind die haltbar, oder „nur“ Worte? Tragen die Antworten? Tragen die Fragen?