Heute begann unser Tag ein bisschen früher, denn wir mussten unsere bisherige Station in Nazareth verlassen. Das bedeutete neben Frühstück und Laudes wieder Koffer zu packen und die Wohnung aufräumen. Ein kleines High-Light war der Besuch unseres Weihbischof Michael Gerber, der aktuell mit einigen Jugendlichen der Schönstattgemeinschaft im Heiligen Land auf Reisen ist.
Von Nazareth ging es dann mit dem Bus in die Ebene von Galiläa um von dort aus den Berg Tabor anzusteuern. Der 588 Meter hohe Berg sticht aus der Landschaft auffallend heraus und so auffallend wie er ist, so prägend ist er auch für die Geschichte Israels und des Christentums. Nach einem Umstieg in ein Taxe fuhren wir auf den Berg hoch um dort uns auf den Spuren des Volkes Israel und Jesu Christi zu begegnen. Hier stand einst ein Altar des Baals, jenem Gott den die Kanaaniten verehrten. Laut den synoptischen Evangelien (Mt 17, Mk 9,LKW 9) fand hier eine Begegnung statt, die als Verklährung Christi bekannt ist. Jesus steigt mit Petrus und weiteren Aposteln auf den Berg, dort erleben sie wie Jesus mit Mose und Elias spricht. Petrus schlägt unter anderem vor, drei Hütten zu bauen. Danach erfolgt dann das Messiasbekenntnis des Petrus. Somit ist dieser Ort schon ein besonderer Ort. Daher feierten wir auch in der heutigen Kirche – in der Kapelle die dem Mose gewidmet ist – die Eucharistie und hörten innerhalb dieser nochmal das benannte Evangelium. Die Sitzbänke waren kalt und mir war es doch recht übel von der Busfahrt und der anschließenden Taxifahrt, somit war für mich persönlich die Stimmung irgendwie nicht da, dem Ereignis nachzuspüren.
Nach einer weiteren Fahrt mit dem Taxi, diesmal wieder den Berg runter, ging es zurück in den Bus und wir fuhren weiter. Das nächste Ziel war der Jordan, genauer die Taufstelle Jesu. Nach Mk 1,9-11 liess sich Jesus von Johannes dem Täufer am Jordan taufen. Um an die Taufstelle zu gelangen, die sowohl von Israel wie auch von Jordanien aus erreichbar ist und auch – was doch was besonderes ist – identisch ist, mussten wir zum ersten Mal die „berüchtigten“ Übergänge passieren. Das war aber nicht weiter schlimm. Ohne Kontrollen kamen wir an die Taufstelle.
Hier also – wir erlebten gerade einige sehr lautstarke Tauferneuerungen – erschien der Heilige Geist wie eine Taube über Jesus und zeigte so an, dass hier was einzigartiges geschehen ist, mit der Taufe durch Johannes. Das Wasser war ocker, die Stimmung war eher ein bisschen partygeladen und doch – da rührte irgendetwas in mir. Ob jetzt genau hier ist doch schlussendlich egal, aber es ist ein erhebendes Gefühl, ein Gefühl der Nähe zu Jesus, wie wir, wie ich da also am Jordan stand. Das „hic“ das sich in Nazareth zwei Mal findet, hat hier am Jordan nochmal eine ganz andere Tiefe für mich bekommen. Hier ist Jesus der Christus gewesen. Hier haben seine Begleiter die Nähe zwischen Vater und Sohn gespürt. Die Taufe haben wir alle erhalten und haben uns so in die Nachfolge, in die Gemeinschaft zu Jesus Christus gestellt, aber dieser Ort, dieser Moment und dann noch das Kreuzzeichen mit diesem Wasser auf Stirn, Brust und Schulter – das rührt mich an und stellt mich neu auf. Für manche mag das wie eine Fiktion klingen, aber für mich ist es doch was besonderes und diese Stimmung, dieses innere grummeln, tief in mir hat mich auch gegen Abend nochmal ergriffen als ich da in der Geburtstkirche kniete und spürte: Ja, Jesus der Christus ist geboren. Weihnachten war in diesem Moment, Weihnachten ist an diesem Ort ganz neu, ganz anders zu spüren.
Zwischen dem Jordan und Bethlehem brauchte es nochmal eine gute Stunde Busfahrt. Durch die Wüste, durch die Umgebung um Jerusalem, über einen weiteren Grenzübergang. Und auch da, keine Spur von Kontrolle und das nicht nur bei uns, bei keinem der mind. zehn Autos vor uns und bei keinem der Autos die ich nach uns noch beobachten konnte. Wo ist da nun die Schickane von der ich in so vielen Filmen gehört hatte? Wo ist da nun das Problem? Ich bin ein bisschen verwirrt.
Was mich auf der Fahrt und ganz besonders dann auf der Seite von Palestina genervt, ja schockiert hat ist der Dreck. Der Zustand der Umgebung der Straßen. Ich kann mich in das Land verlieben, die Natur, die Wüste, die Berge und die Landschaft in all den Facetten: Wunderbar. Aber sobald man in die Nähe der Städte kommt: grauenhaft. Dreckig, und eine Steigerung empfinde ich im ersten Moment in palestinensischen Gebieten. Hier wird überall gebaut, zig Häuser von Palestinänser befinden sich im Bau aber scheinen darauf ausgerichtet zu sein, nie fertig zu werden. Ein oder zwei Stockwerke sind fertig, aber mehr nicht. Und wahre Prachtbautens stehen dazwischen – und zwar sichtbar von Muslimen. Und drum herum: Dreck, Müll, alte Reifen, alte Autos, Plastik, Plastik, Plastik … das sind aktuell erste Eindrücke, aber es ist so, ich sehe es mit eigene Augen. Warum? Warum ist das so? Sind da auch wieder die Israeli dran schuld? Sperren die den Palestinensern die Müllabfuhr? Aber selbst dann, Hof und Garten kann man doch trotzdem ein bisschen sauber halten. Und da meine ich nicht den deutschen Standart. Ich war lange genug in Rom um zu wissen, wie anders andere Länder sind. Ich bin da echt verwirrt. Aber das war ich schon in Nazareth. Genauso wie so Themen wie Schulbildung, Frieden und Kommunikation bzw. Miteinanderleben zwischen Christen und Muslimen. Auch da stimmt irgendwas nicht, da passt was nicht. Zumindest nicht im Bezug auf die Berichterstattung die wir zu Israel immer wieder sehen und lesen.
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