Der Rhythmus der Tage hier in Berlin ist gleich wie auf der Israelreise. Aufstehen, richten und eigene Gebete, gemeinsame Laudes, Frühstück, Einführung in eines oder mehrere Bücher, Lesezeit, Treffen und Termine, Gottesdienst und Abendessen.
So sollten am ersten Tag die beiden Bücher Apostelgeschichte und Offenbarung des Johannes gelesen werden. Da ich kein so schneller Leser bei diesen Texten, habe ich vor der Reise schon einmal die Apostelgeschichte in Freiburg gelesen und mich somit heute allein auf die Offenbarung konzentriert. Dies ermöglichte mir dann eben auch ein bisschen Zeit um mich in der Stadt umzusehen. Berlin besuche ich ja zwar nicht zum ersten Mal aber doch schon dahingehend zum ersten Mal, dass ich auch Zeit habe um mir etwas anzuschauen. Und das tat ich auch. Anlaufstelle war zuerst für mich das Mahnmal zur Erinnerung an die Shoa. Ausgehend von diesem Zielpunkt schlenderte ich durch die Stadt. Dort hatte ich Zeit, um mit dem Lesen anzufangen, was ich an zwei weiteren Stellen in der Stadt dann auch weiter tat. Einziger gemeinsamer Termin nach den beiden Einführungsreferaten am Morgen war um 16:30 Uhr der Besuch einer Ausstellung, eher Installation, zu Hieronymus Boschs Triptichon „Garten der Lüste“. Gerade im Blick auf das zweite zu lesende Buch des Tages war der Besuch dieser Ausstellung hochinteressant. Bosch ist nicht nur ein guter Maler sondern hat ein Werk hinterlassen, das sich einer einfachen Interpretation doch entzieht. So viele Bilder in Bilder, so viel Bildsprache … faszinierend und manchmal witzig bis erschreckend.
Danach sind wir in den Gottesdienst in die St. Hedwigskathedrale. Dort ist um 18.00 Uhr in der Krypta der Werktagsgottesdienst. Vielen ist diese Kirche ja irgendwie hässlich. Ich finde das nicht, aus meiner Sicht würde ein Anstrich ausreichen, aber ich muss hier ja nicht täglich feiern.
Zum Abendessen zogen wir in Richtung Gendarmenmarkt. An einem bayrischen Lokal wollten wir halt machen. Einer der Kollegen frug, ob sie Platz hätten für uns elf Esser. Dies verneinten sie und danach erfolgte so eine typische „Björn-Geschichte“. Da ich echt keine Lust hatte jetzt von Lokal zu Lokal zu wandern, drehte ich mich zu zwei Herren um, die an einem Weinfass standen und was tranken und sagte ganz frech und flapsig: „Sorry, sind sie Eingeborene?“, die beiden meinten darauf: „Kommt darauf an“ (schon mal ne witzige Antwort), „warum“. Als ich erklärte, na weil die Wirtschaft hier keinen Platz für uns hat und wir was anderes suchen müssen, meinte der jüngere der Beiden: „Ähm, Moment, das kann nicht sein“ – ich hatte also völlig unwissend den Chef angesprochen … und ein paar Minuten später hatten wir einen Sitzplatz. Das war mal wieder so eine ganz besondere Situation. Meine Kollegen hatten somit eine weitere witzige Erfahrung mit mir gemacht. Ich kann halt meine Gosche nicht halten.
Nach dem Abendessen war die Möglichkeit durch die Stadt zu ziehen. Ich verabschiedete mich, denn ich war spontan auf einen Geburtstag eingeladen. Eine liebe Bekannte aus den Tagen in Rom, die nun wieder in Berlin arbeitet, hatte Geburtstag und diese hatte mich, nach einem kurzen Gespräch am Tag zuvor am Telefon, eingeladen. Somit ging es in den Bezirk „Prenzlauer Berg“. Dort hatte ich dann die Möglichkeit „ganz normale“ Berliner kennenzulernen. Das hört sich jetzt an wie wissenschaftliche Feldstudien. Soll es nicht, es war ein angenehmer Abend bei dem ich wieder einmal als völlig Fremder in eine Gruppe hineingeworfen wurde, in der ich von gut 25 Personen gerade mal zwei kannte. Die Gastgeberin und ihr Mann. Manchmal überfordert mich so etwas doch. Ich habe doch irgendwie immer die Angst nichts zu Reden zu haben, langweilig zu sein oder irgendwas dummes zu sagen. Aber es war unterhaltsam und kurzweilig und ich habe mich – so denke ich- nicht zu sehr blamiert.
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